Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups werden jetzt auch in Deutschland steuerlich attraktiv. Zu diesem Thema haben wir ein Interview mit Ludmilla Maurer, Fachanwältin für Steuerrecht, geführt. Save the date: Ludmilla gibt am 24. Februar ein Webinar für unsere Mitglieder zu diesem Thema!
Ab dem 1. Juli 2021 sind Mitarbeiterbeteiligungen am Kapital von Start-Up-Unternehmen steuerlich attraktiver geworden. Was war der Hintergrund für diese gesetzliche Neuregelung?
Werden Anteile am Unternehmen vergünstigt auf Arbeitnehmer übertragen, so muss der Arbeitgeber die dem Arbeitnehmer gewährte Vergünstigung als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandeln. Bislang musste die Besteuerung im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile auf den Arbeitnehmer erfolgen. Das obwohl dem Arbeitnehmer keine liquiden Mittel zugeflossen sind. Der Arbeitnehmer musste die darauf anfallende Einkommensteuer aus anderen Mitteln begleichen (sogenanntes Dry Income). Aus diesem Grund war eine echte Beteiligung von Arbeitnehmern am Unternehmen bisher steuerlich unattraktiv. Start-Ups haben daher regelmäßig auf sog. Phantom Stock Lösungen zurückgegriffen. Diese Problematik wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung beheben.
Was waren die eigentlichen Beweggründe für den Gesetzgeber die Neuregelung einzuführen?
Der Gesetzgeber wollte den Standort Deutschland gerade für Start-Ups attraktiver gestalten. Diese sind ein wichtiger Faktor für das Innovations- und Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft. Start-Ups sollte es daher einfacher gemacht werden, ihre Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen, um so hochqualifizierte Fachkräfte leichter für sich gewinnen zu können. Im internationalen Vergleich sind die steuerlichen Rahmenbedingungen hierfür in Deutschland bisher sehr ungünstig gewesen.
Was genau hat sich in Bezug auf Mitarbeiterbeteiligungen steuerlich verändert?
Mit Wirkung zum 1.7.2021 hat der deutsche Gesetzgeber einen neuen § 19a EStG eingeführt. Demnach unterliegt die dem Arbeitnehmer gewährte Vergünstigung im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile nicht der Besteuerung. Mit Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgt die Besteuerung erst, wenn die Anteile vom Arbeitnehmer (entgeltlich oder unentgeltlich) übertragen werden, also in der Regel mit Exit, oder mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, falls diese früher erfolgen soll, spätestens aber nach zwölf Jahren. Für die Ermittlung des steuerpflichtigen Betrages ist allerdings der Zeitpunkt der Anteilsübertragung auf den Arbeitnehmer maßgeblich, auch wenn die tatsächliche Besteuerung erst viel später erfolgt. Dadurch wird nunmehr eine vorübergehende Steuerbefreiung für maximal zwölf Jahre gewährt. Sollten die Anteile zum Zeitpunkt der Besteuerung an Wert verlieren, so kann dieser Wertverlust der Anteile bei der Besteuerung des geldwerten Vorteils berücksichtigt werden. Zudem hat sich der allgemeine Freibetrag für Vermögensbeteiligungen von bislang 360,- Euro auf 1.440,- Euro pro Jahr erhöht.
Was sind die Voraussetzungen für eine vorübergehende Steuerbefreiung?
Die Gründung des Unternehmens, an dem sich die Mitarbeiter beteiligen sollen, darf nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegen. Außerdem muss das Unternehmen zum Zeitpunkt der Übertragung oder im vorangegangen Kalenderjahr als kleines oder mittleres Unternehmen („KMU“) gelten. Um noch als kleines oder mittleres Unternehmen zu gelten, dürfen die folgenden Schwellenwerte nicht überschritten werden: weniger als 250 Mitarbeiter, höchstens 50 Millionen Euro Jahresumsatz sowie höchstens 43 Millionen Euro Jahresbilanzsumme. Darüber hinaus muss die Vermögensbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Die Neuregelung gilt für all Anteilsübertragungen nach dem 30.6.2021.
Was ist nunmehr der größte Vorteil echter Kapitalbeteiligungen gegenüber den Phantom Stocks?
Im Fall einer echten Kapitalbeteiligung kann der Besteuerungszeitpunkt auf maximal zwölf Jahre hinausgeschoben werden, wobei gleichzeitig die Wertzuwächse der Kapitalbeteiligung sowie zukünftige Gewinnausschüttungen bereits als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungssteuer bzw. dem Teileinkünfteverfahren unterliegen und damit in der Regel niedriger besteuert werden. Bei Phantom Stocks erfolgt hingegen in der Regel eine Barzahlung im Zeitpunkt des Exits, die in voller Höhe als Arbeitslohn dem progressiven Steuersatz unterworfen wird. Es lohnt sich daher, bestehende Phantom Stock Plans zu überdenken und eventuell durch echte Kapitalbeteiligungen zu ersetzen bzw. zukünftig echte Mitarbeiterbeteiligungen den Phantom Stock Plans vorzuziehen